Badra am 14.7.1974
Liebes Fräulein Krautter!
Heute will ich nun endlich mal auf ihren lieben Brief antworten. Wir freuen uns, dass sie die Patenschaft angenommen haben. irgendwann wird es nun auch mal passen, dass wir uns mal kennen lernen können. Im Moment habe ich leider noch keinen neueren Fotos von unserer Beate, aber wir denken an Sie. Beim ersten Kind wird wahrscheinlich noch mehr fotografiert, bei uns war es jedenfalls so.
Haben Sie recht herzlichen Dank für Ihren netten Bericht von Ihrem Schaffen. ja, so ist es, das weiß ich auch noch aus eigener Erfahrung, als Alleinstehende hat man immer ein volles Programm, dass man manchmal nicht weiß, was man zuerst und zuletzt machen soll. Wenn man verheiratet ist und Kinder hat, sieht es dann doch ein bisschen anders aus, man muss sich auf bestimmte Dinge beschränken, und diese füllen einen auch aus, für Hobbys bleibt meist nicht mehr so viel Zeit, jedenfalls solange die Kinder noch klein sind.
Georg und Mechthild sind ja schon ein bisschen vernünftiger und wir konnten schon schöne Ausflüge mit ihnen machen. Beate muss nun erst heranwachsen, dass sie mithalten kann. Sie ist jetzt fünf Monate und ist ein zufriedenes, freundliches Kindchen. Sie steht viel auf dem Hof, denn zum Herumfahren habe ich nicht so viel Zeit.
Ich bin nun auch wieder 9 Stunden wöchentlich im Dienst und erhalte damit für mich und die drei Kinder die Krankenversicherung.
Der Vati füttert dann die Kleine mal und legt sie mal trocken, Mechthild geht in den Kindergarten und Georg zur Schule. Im Moment hat er Ferien. Mechthild war jetzt vier Wochen in einem Kinder Erholungsheim an der Ostsee in Boltenhagen. Es hat ihr sehr gut gefallen, obwohl das wettermäßig wohl nicht so günstig war.
Pfingsten war die Schwiegermutter gestorben, und nun müssen wir erst mal sehen, wie es mit dem Schwiegervater wird. Versuchsweise war er schon mal 14 Tage hier neulich und kommt nächste Woche auch wieder zu uns. Zwei Töchter sind unverheiratet in Weimar und Magdeburg und ein Sohn verheiratet in Berlin.
Wenn unser Pfarrhaus frei wäre, könnte er prima hier wohnen.
Unsere Wohnung ist im Sommer ganz schön, im Winter recht kalt. Es soll viel am Haus gemacht werden, aber das geht nicht so schnell, wie man gern möchte. Meine Schwester, die bei Magdeburg wohnt, der Mann ist auch Pfarrer, hat vier Kinder zwischen sieben und 13 Jahren. Sie soll jetzt an der Lunge operiert werden. Da möchte man als Schwester auch gern helfen, nur ist es leichter gesagt als getan. Die Gemeinde hat vier Hilfe angeboten. Meine Eltern in Erfurt sind gesundheitlich auch nicht so stabil, mein Vater will sich jetzt eventuell vorzeitig pensioniert lassen. Da gibt es überall Probleme, womit ich sie jetzt aber nicht länger belasten will. Von ihrer lieben Mutter erfahren Sie gewiss auch immer etwas von uns, nur jetzt bin ich wenig zum Schreiben gekommen. Für Beate haben wir jetzt keinen speziellen Wunsch.
Mit Babysachen sind wir durch ihre Mutter ganz gut schon versorgt.
Nun will ich für heute schließen.
Mit ganz herzlichen Grüßen von unserer ganzen Familie Ihre Luise Wichmann
KOMMENTAR: Dies ist der Brief, indem meine Mutter sich bei Adelheid für die Annahme der Taufpatenschaft kurz nach meiner Taufe bedankt! Eine so kurzfristige Reise war offensichtlich nicht möglich.